Serbokroatisch?

 

Unter der Bezeichnung Serbokroatisch wurde im vergangenen Jahrhundert die Dialekte von Serben, Kroaten, Bosniaken und Montenegrinern zusammenfassend bezeichnet. Durch die - vor allem politisch motivierte - Auseinanderentwicklung der Sprache und die ausschließliche Verwendung der Bezeichnung Bosnisch, Kroatisch und Serbisch (später auch Montenegrinisch) wird der Ausdruck heute fast nicht mehr verwendet. Serbokroatisch war neben dem Slowenischen und Mazedonischen Amtssprache im ehemaligen Jugoslawien.

Das Serbokroatische kennt nicht nur einen einzigen Standard (wie z. B. das Italienische, Polnische oder Finnische), sondern verfügt über mehrere Standardvarietäten, wie die meisten von mehreren Nationen gesprochenen Sprachen, z. B. Schweizer Hochdeutsch, österreichisches Deutsch und Deutschlanddeutsch.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Politiker und Linguisten streiten sich bis heute, ob es sich bei diesen Sprachen um Varietäten einer Sprache oder um vier eng verwandte eigenständige Sprachen handelt. Doch auch die Sprecher dieser Sprachen sind sich oft nicht einig. Die Sprachen sind weitestgehend gegenseitig verständlich und die Unterschieden zwischen den vielen Dialekten des Sprachraumes häufig viel größer als beispielsweise diejenigen zwischen dem Standardserbischen und dem Standardkroatischen. Im größten Teil der Grammatik und des (Grund-)Wortschatzes stimmen die vier Sprachen überein, unterscheiden sich jedoch in anderen Teilen des Wortschatzes, in vielerlei Details der sprachlichen Norm und im Gebrauch unterschiedlicher Alphabete: während im Kroatischen und Bosnischen das lateinische Alphabet zum Einsatz kommt verwendet man im Serbischen das kyrillische Alphabet. Die nicht mehr gemeinsam erfolgende Sprachpflege wird jedoch zu einer künftigen weiteren Auseinanderentwicklung beitragen.

Während die Schriftsprache aller vier Nationalitäten auf dem Štokavischen (nach dem Fragewort für was?: što oder šta) beruht verwenden die Kroaten, Bosniaken und Montenegriner dabei nur das Ijekavische (Beispiel: lijepo), die Serben in Serbien vor allem das Ekavische (Beispiel: lepo), die bosnischen Serben hingegen zum größten Teil wiederum das Ijekavische. Des Weiteren gibt es Unterschiede bei der Übernahme von Fremdwörtern: serbisch: falsifikovati, kroatisch: falsificirati; serbisch: okean, kroatisch: ocean; serbisch: hemija, kroatisch: kemija. Grundsätzlich werden Fremdwörter im Kroatischen sparsamer eingesetzt als im Serbischen, während das Bosnische viele Turzismen enthält. Es gibt eine große Anzahl von Regionalismen, deren Verbreitungsgebiet jedoch oft nicht den nationalen Grenzen folgt. Die Unterschiede im Grundwortschatz sind dagegen geringer als etwa zwischen vielen deutschen Dialekten.

Übersetzungen aus dem Serbokroatischen

Für die serbokroatische Sprache werden seit 1993 Dolmetscher und Übersetzer nicht mehr öffentlich bestellt. Die Dolmetscher- und Übersetzerlisten sind insoweit geschlossen. Dolmetscher und Übersetzer für Serbisch und Kroatisch sind befähigt, jeden Text zu übertragen, der vor Anfang der 90er Jahre im damaligen serbokroatischen Sprachraum verfasst wurde.

Quellen: Bayerisches Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Wikipedia